Archiv für den Tag: 28. November 2015

TAG 22 wie geht eigentlich Halsen?

Etmal  134 sm, 124 sm nach GPS, 147 sm nach Martinique, 73 sm nach Barbados Totale Ratlosigkeit, Überforderung – mancher spielte schon mit dem Gedanken im Segelbuch nachzuschauen. Obwohl die geballte (vermeintliche) Kompetenz aller drei Aufderbanlieger sowie zweier Aufderbanksitzer anwesend war, herrschte totale Verunsicherung. Seit gefühlt mehreren Wochen sind wir brav im Schmetterling gefahren. Auch mit der Umstellung auf Windfahnensteuerung (d.h. Ray fährt immer einen konstanten Winkel zur Windrichtung) war die Segelaction weiter minimiert worden. Zudem beließen wir, aus welchen Gründen auch immer, das Großssegel ständig im 3. Reff. Selbst das Vergrößern und Verkleinern der Fock wurde immer seltener angegangen. So meisterte Ray selbst auch eigenständig kleinere Squällchen. Einzige mehrere kleinere Regenschauer verlangten unsere Aufmerksamkeit und Aktionsbereitschaft. Keine Angst, bei 28°C Wasser-, sowie Lufttemperatur freut man sich über solche Abwechslung. Schaut man sich die Inselkette der Antillen auf der Karte an, sieht man, dass etwa 2/3 Inseln und der Rest Wasser ist. Es war schon zu befürchten, dass wir ahnungslos das „Wasserdrittel“ treffen und ein paar Tage später vor dem Panamakanal stehen. Aber dann hat doch irgendeine Eingebung jemanden von uns auf den Kartenplotter schauen lassen und festgestellt, dass wir auf Barbados zielen. Und daraus erwuchs die Erkenntnis, dass gehalst bzw. das Großsegel geschiftet werden musste. Mit vereinten Kräften und vergrautem Halbwissen haben wir es aber dann doch gemeistert. Eine „neue“ Erfahrung ist nun auch, dass beide Segel auf der gleichen Schiffsseite stehen können. Im übrigen habe ich gestern eine Golddublone an den Mast genagelt – besser gesagt einen Schein an eine Strebe geklebt. Mal sehn, wer sich diese Belohnung für den Ausruf „Land“ abholt.

TAG 21 hoi a Schiff

Etmal 134 sm, 135 sm direkter Weg, 267 sm bis Martinique

Auch auf die Geffahr hin, dass ich mich hier wiederhole – aber der Spruch ist einfach gut. Gerhard Polt hat einmal den Unterschied zwischen dem Nord-Ostsee-Kanal und dem Rheinm-Main-Donau-Kanal derart beschrieben: Im Norden sagt man, „Schiff ahoi“ – in Süddeutschland, „hoi a Schiff“. So gesehen befinden wir uns also eher in Franken als auf dem Meer. Meine Tante Liselotte fragt nämlich, wie es mit anderen Schiffen aussieht. Am ersten Tag bei Teneriffa gabs natürlich noch einiges. Aber dann wurde es schlagartig weniger. Man muus auch zwischen sehen und sehen unterscheiden. Wir können nämlich mit dem Auge und dem AIS sehen. Beim AIS funkt jedes Schiff (Pflicht bei > 300 Tonnen – aber mitlerweile haben es auch fast alle Kleinen wie wir) seine Daten selbst aktiv über UKW. Da sind allerdings die Reichweiten sehr unterschiedlich. So haben wir schon große Pötte auf über 100 sm Entfernung „gesehen“, sind aber selbst von einem anderen Schiff bei etwa 5 sm nicht gesehen worden. Dieses
„Sehen“ zeigt sich dann nur durch ein kleines Dreieckchen auf der elektronischen Seekarte.
In den ersten Tagen haben wir noch vereinzelt Dreieckchen gesehen, aber nichts real. Am 5. Tag zeigte uns ein Dreieckchen eine Annäherung eines italienischen Frachters auf 5 sm vorraus. Allerdings zeigte sein Dreieckchen in seine Gegenrichtung. Ich habe ihn daraufhin angefunkt und hinwiesen. Er hat sich artig bedankt – aber ratet mal, ob sich das Dreickechen gedreht hat. Duch den Saharastaub haben wir ihn dann real erst kurz ab einer Entfernung von 6 sm gesehen. Am 6. Tag kündigte die elektronische Seekarte ein Kreuzfahrtschiff mit weingen hundert Metern Annäherung an. als er gerade in Sicht kam (6 sm) drehte er um 10° ab und passierte anschließend mit einer Seemeile Abstand. So und das wars dann aber auch bis jetzt. In den ganzen Tagen seither gabs nur nur 3 Dreieckchen, wobei eines davon gerade da ist. Ein Pott von 335m Länge in 15 sm Abstand – aber nicht real zu sehen.
Mein Bruder Uli hat mir dankenswerterweise ab und zu einen Scrennshot der ARC+ Regatta zugemailt www.fleetviewer.com. Daraus konnten wir „Nachbarn“ in einigen hundert Meilen Entfernung erahnen.
Eine andere Frage kam von meinem Onkel Fritz: „Wenn wir so günstige Rückenwinde hätten, müssen wir dann im Frühsommer gegen diese Winde wieder zurück?“ Nein, dann gehts im großen Bogen nach norden richtung (oder auf die) Bermudas um dann in der Westwindzone (gen Azoren) hoffentlich wieder günstige Winde zu haben. Diese Geschichte ist aber nicht so konstant und planbar. Dort kann von wochenlanger Flaute bis zu bösem Wetter alles dabei sein.
Ansonsten freut man sich aufs Ankommen und mehr „Dreieckchen“. Die gestrige Schätzung kann auf 98% korrigiert werden.